Vil, má

Ein Salon, lachsfarbene Wände, Tapisserien, Büsten, Zimmerpflanzen, eine Kleiderpuppe. Auf einem Samtsessel mit goldenen Leisten hat die Protagonistin Platz genommen, sie stellt sich als Wilma Azevedo vor, 74, „Königin der sadomasochistischen Literatur Brasiliens“. Sie wird vom Regisseur gebeten, ihre Lebensgeschichte zu erzählen, die sich schnell in eine detailreiche Abfolge erotischer Anekdoten verästelt, es geht um grüne Bananen, Dildos aus Sandpapier und überstimulierte Nerven. Zu ihrer besten Zeit erhielt sie jeden Monat 300 Liebesbriefe, eine sagenhafte Erfolgsgeschichte. Manchmal setzt die Erinnerung aus, dann hilft ihr eine junge Schauspielerin im Bildhintergrund auf die Sprünge, die Azevedo in einem kommenden Spielfilm verkörpern soll. Zur Hälfte des Films, der sich als Recherche ausgibt, wird der Sessel leicht verrückt und die Protagonistin erzählt eine andere Lebensgeschichte, die ähnliche pornografische Narrative verwendet, aber auch von der schwierigen Emanzipationsgeschichte einer Journalistin erzählt, die sich auf dem gefährlichen Terrain männlicher Fantasien bewegt. In starren Einstellungen auf eine bewegliche Figur entsteht ein Stillleben
erzählter Leidenschaften.
 

Details

  • Länge

    107 min
  • Land

    Brasilien
  • Vorführungsjahr

    2020
  • Herstellungsjahr

    2020
  • Regie

    Gustavo Vinagre
  • Mitwirkende

    Edivina Ribeiro, Wilma Azevedo, Jules Elting
  • Produktionsfirma

    Carneiro Verde Filmes, Avoa Filmes
  • Berlinale Sektion

    Forum
  • Berlinale Kategorie

    Dokumentarfilm

Biografie Gustavo Vinagre

Gustavo VINAGRE (1985, Brasilien) wurde an der Internationalen Schule für Film und Fernsehen in Kuba und in Literatur an der Universität von São Paulo ausgebildet. Sein Dokumentarfilm für blinde Dichter wurde am IFFR 2013 veröffentlicht. In seinen Filmen kritisiert Vinagre den Mangel an Liebe in der modernen Gesellschaft.